Das ist ein Begriff, zu dem jeder Mensch irgendwie eine Meinung hat. Manche lehnen es komplett ab, für andere ist es trauriger Weise das einzige, was ihnen Identität gibt. Was denkst du dazu?
Meine erste Annäherung wäre Heimat als Ort, wo ich mich wohlfühle. Mit dieser Definition gibt es die Heimat als einzelnes Ding nicht mehr, sondern alle Orte (wenn man es denn auf Orte beschränken will), an denen ich mich wohlfühle, wären meine Heimat. Ich hätte mehrere Heimaten, ob das jetzt bei meiner Familie, Freunden, netten Menschen irgendwo oder in einem Safespace ist. Safespace und Heimat wären mit dieser Definition auch sehr eng verwandt.
Ich habe lange Deutschland und spezifisch die Stadt, in der ich aufgewachsen bin als meine "Heimat" begriffen.
Ich hatte ein Gefühl der Verbundenheit und der Verantwortung empfunden. Über die Zeit ist mir mehr und mehr klar geworden, wie hasserfüllt und egoistisch die dominierende Kultur ist, und wie sie täglich weiter in diese Richtung wächst.
Aus einiger Arbeitszeit bei einem kommunalen Unternehmen habe ich mitgenommen, dass Engagement aus Überzeugung bestenfalls belächelt und ausgenutzt und schlimmstenfalls bekämpft wird.
Ich gehöre nicht hier her. Ich passe hier nicht hin. Ich soll und kann kein Teil von hier sein.
Wenn ich dann mit Menschen von außerhalb Deutschland in Kontakt komme, wird mir jedoch immer wieder schnell bewusst gemacht, "wie Deutsch" ich doch bin. Ich leugne nicht, dass ich Deutscher bin, es ist Teil von dem, wie ich geprägt wurde, aber meine "Heimat" ist es nicht.
Absurderweise identifiziere ich mich mehr damit, dass ich als Kind von Ossis aufgewachsen bin. Ich spüre mehr Verbundenheit mit den vererbten kulturellen und persönlichen Erfahrungen und den frühen Kindheitserinnerungen, die ich mit anderen "Ossis" oder "Post-Ossis" teile, als mit dem Land heute.
Vielleicht ist es auch passenderweise. Denn die Entzauberung der gebrochenen Versprechen über zwei Länder, eines auferstanden aus Ruinen, und eines mit blühenden Landschaften, setzt sich fort in meiner heutigen Erfahrung, dass das Land, dass mir in der Schule versprochen wurde, sozial, demokratisch, rechtsstaatlich, nur ein weiteres gebrochenes Versprechen ist.
Ich habe längere Zeit in Vietnam gelebt, nein, nicht in den klassischen "Expat" Regionen sondern in einer Ecke in der ich höchstens alle paar Monate mal ein verirrtes "Weißbrot" gesehen habe.
Ich mag Vietnam, ich mag die Küche und die Kultur, ich habe Familie da drüben und mag "meine" Nachbarschaft... aber nachdem ich nach Monaten das erste mal wieder meinen Fuß auf deutschen Boden gesetzt habe und plötzlich wieder in der Menge verschwinden konnte, das ständige "Möp-Möp-Möp" der Mopeds nicht mehr zu hören war, ich das erste mal wieder richtiges Brot im Backshop am Flughafen gerochen habe... da hatte ich das erste mal das Gefühl "Jup, hier bist du zuhause".
Ja, das kann ich unterschreiben. Bei mir war es zwar nicht Vietnam, aber erst nachdem ich ein paar Jahre im Ausland gelebt habe, - und mir vorher nie viel aus Deutschland gemacht habe - habe ich wirklich begriffen, was ich hier mag und schätze.
Hab' die ersten 30 Jahre in der gleichen Stadt, am Rand des Ruhrgebiets, gewohnt, bin nur 1x umgezogen. Kannte mich gut aus und hab an sich das ganze Ruhrgebiet von Bochum bis Duisburg in nächtlichen Streifzügen erkundet, und mich immer wieder gefreut, nach Hause zu kommen. Dachte eigentlich immer, das sei wichtig für meine Ich-Konstruktion.
Dann bin ich umgezogen, erst in ein anderes Bundesland, dann in eine große, laute Stadt in der ich am Anfang keine der lokalen Sprachen sprach.
Da hab ich dann gemerkt das man zwar nicht verleugnen kann, wo man herkommt (kulturell, etc), das eigentlich aber auch gar nicht so wichtig ist. Hier mischt sich alles, auf 'ner Party mit 20 Leuten sind 11 Herkunftsländer vertreten, und das ist wunderbar.
Die unmittelbare Umgebung (so 200m Umkreis), in der ich aufgewachsen bin, ist mir immer noch lieb und teuer, und da meine Eltern gemietet haben, werd' ich da irgendwann keinen Zugang mehr zu haben, was mich ein bisschen traurig stimmt. Aber trotzdem hab ich kein "Heimweh".
Zu der lokalen autochtonen Kultur hab ich hier, am neuen Ort, nur bedingt Zugang. Mag sprachliche Gründe haben, oder auch das die Leute hier recht "stolz" sind und man schon viel Arbeit verrichten muss, um da rein zu kommen. Ist aber auch nicht so wichtig, bin eh' ein bisschen Eigenbrödler, und hab auch mit einigen Leuten, mit denen ich früher 30 Jahre Tür an Tür gewohnt hab, nur 20 Worte im Leben gesprochen.
Auch in Deutschland wär nicht der Typ für 'nen lokalen Traditionsverein. Was es in der Richtung in der "Heimat" gab, hat mich auch nie so recht interessiert, und das was einem irgendwo "nahe" vorkam, hat sich mit etwas Abstand auch eher als Romantisierung herausgestellt (Bergbau war echt nie so toll, und sich mit "Glückauf" zu begrüssen auch 'n bisschen albern wenn mans so recht bedenkt).
Da wo ich jetzt wohne gibt's dafür 'ne aktive Szene für das schräge Zeug das ich so mache (künstlerisch), an derem Aufbau und erhalt ich aktiv beteiligt bin. Insofern, manchmal muss man sich die Heimat einfach schaffen.
Ok, sorry, ist etwas ausgeartet, ist aber tatsächlich was, was mich manchmal beschäftigt.
Ich bin auch bei deiner Definition.
Als typisches Großstadtkind, das in seinem Leben schon 11 mal umgezogen ist, hat sich kein Heimatbegriff, der an einen geographischen Ort gebunden ist, herausgebildet. Das hätte anders aussehen können, wäre ich mein Leben lang nicht aus meinen Ort, meinem Dorf rausgekommen. Aber so war es schon immer eine multi-kulti Umgebung.
Als typisches Großstadtkind [...] Das hätte anders aussehen können, wäre ich mein Leben lang nicht aus meinen Ort, meinem Dorf rausgekommen.
Als typisches Landei, das aber mittlerweile auch einiges in der Welt herumgekommen ist, kann ich sagen, dass Heimat für mich auch etwas schwierig ist. Ich habe definitiv einen starken Bezug zu meinem Heimatdorf, aber das liegt, denke ich, hauptsächlich daran, dass meine Familie dort ist und ich immer wieder bei ihr unter schlüpfen konnte, wenn sich die Umstände unvorhergesehen änderten.
Wenn es um Lebensqualität geht, kann ich durchaus andere Orte als meine Heimat betrachten. Ein Ort, den ich z.B. vermisse, ist ein relativ kleines Örtchen außerhalb einer Großstadt, das trotzdem noch eine Haltestelle für die Straßenbahn hat. Es war super beinahe im Wald zu wohnen und trotzdem innerhalb von 20 Min. im Zentrum der Stadt zu sein.
Ich muss beruflich alle paar Jahre umziehen und bin darum auch schon seit Jahren in einer Fernbeziehung.
Heimat ist für mich wo ich bei meiner Frau sein kann.
Mir fällt gerade auf, dass sich mit meiner Definition die alte/konservative Beziehung von Heimat und Identität umdreht. Im Grunde bestimmt meine Identität, wo ich mich zuhause fühle, und meine Heimat hat weniger Einfluss darauf, was meine Identität ist.
Für mich gehören zur Heimat nicht nur die Städte und Dörfer, sondern auch all die Bäume im Wald, das Gras auf der Wiese, das Korn auf dem Feld und die Vögel in der Luft. Vor allem sind aber auch die Tiere der Erde und die Fische im Fluß Teil der Heimat. Ich liebe die Heimat, und finde sie schön, deshalb schützte ich sie, auch wenn sie gar nicht mir alleine gehört, sondern uns allen.
Da, wo ich geboren bin, aufgewachsen bin und immer noch lebe. Da ich bisher nur innerhalb derselben Stadt umgezogen bin, ist das für mich relativ eindeutig.