Eine Psychotherapie ist dazu da, um Menschen zu helfen. Umso schlimmer, wenn Betroffene hier Rassismus erleben. Ein Interview mit der Mainzer Psychologin Dr. Nora Hettich-Damm.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass "woher kommst Du wirklich?" deswegen triggert, weil die Fragesteller das zu oft in ein "Du gehörst zu den Anderen"-Motiv umdrehen, worauf man als gefragter natürlich keinen Bock hat und entsprechend sensibilisiert ist. (Ist das so? Oder habe ich Aspekte vergessen? - Hab gerade erst den Artikel überflogen, dort steht ja, dass man als "fremd" einsortiert wird.)
Andererseits habe ich selbst (als Kartoffeldeutscher) oft Interesse daran, mit Leuten zu quatschen, die aus XY kommen (oder enge Beziehungen dorthin haben), weil ich selbst ein Jahr dort gelebt habe. Ich habe da keinen Weg, der einfach funktioniert. Welche Formulierungen wären weniger verfänglich?
Ich denke viele Leute werden dir da unterschiedliches Feedback geben, wann sie es als rassistisch empfinden. Es ist aber ein sehr typischer Moment von Alltagsrassismus. Vor allem weil ich als Empfänger der Frage ja auch niemals wissen kann, ob du es „nicht abwertend“ meinst.
Alleine die Erfahrung immer in eine andere Schublade gesteckt zu werden, ist meist schon die Rassismus Erfahrung.
Ich finde die Frage in vielen Kontexten legitim, wenn klar ist das mein Gegenüber wirklich an mir als Person interessiert ist und nicht versucht mich schnell zuzuordnen.
Leider fühlen sich halt auch viele PoCs (mich eingeschlossen) nicht wohl in dem Therapie Setting wenn unser Gegenüber weiß ist. Ich muss halt hoffen, dass meine Erfahrungen Ernst genommen werden und ich nicht in der Behandlung selber wieder mit ner Rassismuserfahrung konfrontiert werde. Ich denke diese Spannung sorgt auch dafür, dass je nachdem wie früh oder wie die Frage gestellt wird, es auch negativ wahrgenommen wird.
In deinem Beispiel ist es zum Beispiel real ein Dialekt, der die Frage triggert und nicht die assumption: ah andere Hautfarbe du kommst von bla. Manchmal sind es solche Kleinigkeiten an denen ich es zum Beispiel festmache ob ich die Frage komisch/weird/unangenehm finde oder ob jemand einfach interessiert ist.
Aber auch PoC experience is natürlich kein monolith.
Danke für dein Feedback, ich denke halt dass in der Therapie generell Interesse an der Person da ist um diese zu verstehen bzw zu therapieren, darum in desem Context eher als wertungfrei und als Teil der Therapie zu betrachten.
Es ist ja, immer noch nicht ganz abwägig dass jemand die Kindheit in einem anderen Land verbracht hatte und damit evtl. Therapierelevant und bei anderer ethnischer Herkunft drängt sich das warscheinlich auf.
Heißt nicht dass es nicht schlechte bzw rassischtische Therapeuten gibt, meine Frau aber auch Bekannte hatte da sehr viel schon erleben müssen leider.
(ich bin Deutscher, in Deutschland aufgewachsen, aber habe einen französischen Nachnamen und ein „französisches Aussehen“)
Für mich kommt es immer auf den Ton an und wie genau ich darauf angesprochen werde.
Meistens werde ich kurz gefragt, woher mein Name kommt oder wie man ihn ausspricht, das beantworte ich dann und erwähne meist auch kurz von mir aus, wie meine Verbindung dazu ist. Damit habe ich persönlich kein Problem – im Gegenteil finde ich, dass es einfach Interesse an meiner Person bekundet.
Diese „Woher kommst du wirklich?“- und „Wieso sprichst du so gut Deutsch?“-Fragen kenne ich aber auch sehr gut und sie verärgern mich, weil sie unterstellen, dass es nicht normal und richtig sei, dass ich mit meinem Aussehen/Namen Deutscher bin und Deutsch meine Muttersprache ist.
In der (tiefenpsychologischen) Psychotherapie fragen wir jeden nach seiner Lebens— und Familiengeschichte bis zu den Großeltern, nicht nur mutmaßliche Migranten. Nennt sich biographische Anamnese. Danke für den Hinweis, das das Thema ähnlich sensibel sein kann wie die Sexualanamnese.