Ich hatte mal wieder eine Situation, wo ich mir als technikaffiner Mensch an den Kopf gefasst habe und möchte diese mit euch teilen:
Ich werde demnächst (endgültig) umziehen und möchte daher meinen Zweitwohnsitz abmelden. Als jemand, der Sachen gerne mal vergisst, nutze ich den Moment, in dem ich daran denke und rufe bei der Stadt an, um zu erfragen, ob ich da schon irgendwas im Vorfeld machen kann.
Antwort: Nein.
Das geht erst ab Zeitpunkt des endgültigen Umzugs
Ich muss in Person erscheinen und mich ausweisen
Dass ich meinen Zweitwohnsitz erst zum Datum des endgültigen Auszugs abmelden kann, erscheint mir aus Sicht des Melderegisters sinnvoll. Aus der organisatorischen Sicht aber eher unverständlich: Warum kann ich nicht z.B. die Kündigung meiner Mietwohnung mit dem entsprechenden Datum darauf einreichen und der Prozess wird am Stichtag angestoßen?
Warum muss ich in Natura erscheinen, wenn es doch schon eine ganze Weile die Onlineausweisfunktion des Personalausweises gibt?
Als Informatiker interessiert mich natürlich der letzte Punkt: Wie geht das eigentlich? Kann ich diese Authentifizierung eigentlich auch selbst irgendwo einbauen?
Weiter gedacht, wäre es ja eigentlich kein Hexenwerk, daraus mal grundlegend ein System zu bauen:
Authentifizierung über Perso
Antrag in DB mit Fälligkeitsdatum hinterlegen
Täglicher Cronjob, der prüft, ob heute ein Antrag offiziell eingereicht werden soll
Also begebe ich mich auf die Suche nach Informationen und stoße über die Webseite des BMI auf personalausweisportal.de ... und die Seite liefert nur Timeouts.
Mittlerweile funktioniert sie wieder, aber es sind diese Momente, an denen ich mir einfach denke: Wo zur Hölle und warum überhaupt sind wir eigentlich stehen geblieben?
Ein Beispiel wo ich mir an den Kopf gefasst habe:
Ich habe eine Baulasteintragung bei den Nachbarn benötigt. Diese wird durch das örtliche Bauamt vorgenommen. Dafür muss der Nachbar in Person im Bauamt erscheinen und zustimmen (soweit noch okay).
Damit das Bauamt alle relevanten Personen, die eine Berechtigung an dem Grundstück besitzen anschreiben kann benötigen sie einen Grundbuchauszug. Das Grundbuch liegt beim Amtsgericht. Zusätzlich wird an den Terminen der Unterzeichnung ein Grundbuchauszug benötigt.
Das Fatale: Zu jedem Zeitpunkt darf der Grundbuchauszug maximal 2 Monate alt sein. Man könnte meinen, dass das Bauamt einen direkten Draht zum Amtsgericht für Grundbuchsachen hat: falsch. Als Antragssteller musst du selbst den Grundbuchauszug deiner Nachbarn beantragen. Dafür benötigst du eine Vollmacht der Nachbarn.
Und all das für ein Query an das Grundbuch.
Ich beschreib mal wie ich das bei meinem letzten Umzug hier in Finnland in 2014 (also vor etwas ueber 10 Jahren) gemacht habe:
Wir waren gerade auf dem Rueckweg vom Termin um Kaufvertrag zu unterschreiben, und als Hausbesitzer war jetzt klar dass wir umziehen. Ich geh zur Seite der Post, oeffne den Nachsendeantrag, authentifiziere mich ueber meine Bank (die ja meinen Ausweis geprueft hat, und daher bestaetigen kann dass ich das bin), fuelle aus wann und ab welchem Datum ich umziehe, mache ein Haekchen dass meine Frau auch mit umzieht, und schicke das ab. Damit habe ich meinen Nachsendeantrag, und die Post leitet das dann zum Einwohnermeldeamt fuer die Ummeldung weiter.
Das Portal soll die Authentifizierung übernehmen. Eine offizielle API gibt's da nicht, meine ich.
Wenn eine Behörde so eine Idee implementieren möchte, wird meistens erstmal von einem Fachheini ein Aufschlag gemacht. Das geht dann zu vers. Positionen und wird unter vers. Gesichtspunkten gewertet. Ein erstes AN wird eingeholt. Wenn der Betrag zur Entwicklung über einem Schwellenwert (100k?) ist, muss öffentlich ausgeschrieben werden.
Das dauert lange. Die Bewerber sind oftmals Firmen, die wissen, wie man dem Staat Geld aus der Tasche ziehen kann.
Der Auftrag wird vergeben.
Der Auftragnehmer benötigt nun die Anforderungen. Die werden nun meist alleine im Amt ausgearbeitet.
Da Papier lange hält, denken die Autoren lange nach. Natürlich verfasst in solch einem Wort, dass in Streitfällen die Schuld beim AN liegt.
Das geht nun zwecks Pflichtenheft an den AN. Jetzt ist schon einige Zeit vergangen.
Da in der Ausschreibung sicherlich nicht von Allem die Rede war, passieren Nachverhandlungen (Geld muss besorgt werden) oder Funktionen werden gestrichen.
Und so bekommst du ein halbfertiges Produkt an den Start.
Tipp bei sowas: Einfach mehrfach anrufen und die gleiche Frage stellen. Ich hatte es schon sehr oft, dass beim ersten mal missmutige oder schlicht inkompetente Mitarbeiter am Telefon waren, die mir nicht helfen konnten/wollten und beim nächsten mal hat es dann geklappt.
Kommt mir irgendwie bekannt vor. Ich bekomme in der Firma in der ich Arbeite auch immer wieder Anträge Bescheinigungen zu aktualisieren. Teilweise sind diese aber erst ab einem Datum in der Zukunft gültig.
Problem: Ich habe absolut keine Möglichkeit das in dem Programm, in dem es hinterlegt werden muss, vorzumerken. Das muss ich alles händisch machen.
Bei mir geht das jetzt noch, weil nicht so oft was verfrüht eingereicht wird (die Kollegen kommen eher bei Bedarf oder zu spät), aber auf so einem Amt kommen doch deutlich mehr Anträge für alles mögliche rein, das dürfte schnell für den durchschnittlichen Mitarbeiter zu unübersichtlich werden.
Ist leider blöd, wenn beim Beauftragen der dort verwendeten Programme nicht zu Ende gedacht oder aber wurde beabsichtigt auf sinnvolle Features verzichtet wurde, weil kostet ja Geld. =/
Wo zur Hölle und warum überhaupt sind wir eigentlich stehen geblieben?
Wenn Menschen Geld ausgeben das sie nicht verdient haben kommt so was raus. Politik und Behörden sind aus Steuern finanziert und haben keinen Anreize gute Arbeit abzuliefern.
Dass die "unsichtbare Hand des Marktes" alles regeln würde, ist zu einfach gedacht. Erstens sind diese Sachen ja natürliche Monopole und zweitens gibt es genügend Beispiele aus der Privatwirtschaft, die zeigen, dass dort auch nur das allernötigste gemacht wird.
Allein ich schon als einfacher Programmierer kann dir so viele Beispiele bei meiner Arbeit nennen, wo ich das Gefühl habe, hier könnte ich einen Mehrwert produzieren, wenn ich mehr Zeit investiere und das dann eben nicht darf, weil "es funktioniert ja auch so".
Und auch die Telekom, als ehemaliges Staatsunternehmen, hat Jahrzehnte lang versucht, lieber das letzte bisschen Leistung aus den Kupferleitungen zu pressen, statt kundenfreundlich und langfristig mit Glasfaser zu planen. Bei denen geht immer nur etwas voran, wenn die Konkurrenz versucht an ihnen vorbeizuziehen und dann wird sich wieder darauf ausgeruht, dass man der Platzhirsch ist. Siehe eben Glasfaserausbau.
Das schlimme is, um wieder zurueck zum Staat zu kommen, dass viele andere Laender schon an uns vorbeigezogen sind. Meine Kollegen aus den Nordics, dem Baltikum und selbst aus Georgien lachen mich regelmaessig aus, wenn ich von meinen Abenteuern mit unseren Behoerden erzaehle. Die, die hier vor Ort sind, halten Ihre Erstkontakte fuer blanke Satire. Die einzigen, die manchmal verstaendnissvoll mitlaecheln, sind die Italiener und Briten.
Also in der Theorie ist der Anreiz wiedergewählt zu werden. Aber in "Ich hab schon immer CDU gewählt, genau wie mein Vater und mein Opa"-Land ist das schwierig.
Bei uns kann man sich sogar online anmelden. Dafür musste man ja bisher wegen der Adressänderung noch persönlich erscheinen.
Einen Zweitwohnsitz hab ich schon lange nicht mehr abgemelded, aber ich bin ziemlich sicher, das ich das ca. 2001/02 schon per Post gemacht habe.
Generell kannst du Meldesachen von 1 Woche vor dem Umzug bis spätestens 2 Wochen nach dem Umzug erledigen. Der Umzug gilt auch nicht umbedingt ab Wohnungsübergabe. Ich würde mich abmelden, wenn du das letzte mal längere Zeit dort bist. Nur weil du nochmal zur Wohnungsübergabe kommst, heisst nicht, das du die letzten Wochen auch dort gewohnt hast.
Schön, dass du eine Webseite gefunden hast, wo draufsteht, dass das auch schriftlich geht. Aber wenn ich (telefonisch) an Ort und Stelle gesagt bekomme, dass ich vorbeikommen muss, kann ich schlecht sagen "Da auf der Webseite ohne Quellenangabe steht, aber …".
Edit: Habe gerade auch nochmal die Webseite überprüft. Es steht überall dabei, dass man kommen muss.
Da ich nicht weiss wo du versuchst dich abzumelden, kann ich leider auch keine genaueres suchergebniss präsentieren. Das mit der schriftlichen Abmeldung steht so auch auf der webseite meiner Stadt und auch der Kleinstadt wo meine Familie wohnt. Wenn man das googled, kommen seitenweise websites von Hamburg bis Hintertupfingen wo das gleiche steht. Im Bayernportal stehts auch. Aber das bringt dir ja auch nix, wenn ich dir das verlinke, wenn du nicht da wohnst.
Ich denke nur, es würde sich lohnen nochmal genauer nachzuschauen, wenn persönlich erscheinen für dich schwierig ist. Was Beamte und Mitarbeiter offizieller Stellen am Telefon auskunft geben, ist erfahrungsgemäß oft nur die Hälfte der Fakten. Aber mach was du willst.