da ich gestern erst wieder auf der Arbeit das Thema hatte, hatte ich diesbezüglich Redebedarf. Kollege kommt rein, ich mir gerade eine Frosta-Pfanne reingefetzt: „Hat hier jemand Hühnersuppe gegessen?“
Die daraus entstehende Diskussion erspare ich euch, aber die Kernaussage (eines anderen Kollegens) war: „Es gibt kein veganes Huhn oder vegane Wurst!“
Ich vertrete den Standpunkt, dass das Übernehmen der Begrifflichkeiten bzw. das Angebot von Ersatzprodukten Konsument*innen hilft umzusteigen und ihre Ernährung schrittweise umzustellen.
Wie seht ihr das?
Edit: Fairerweise sei erwähnt, dass die Diskussion in guter Laune geführt wurde.
Ich finde erstens man muss zwei Sachen trennen: Fleischtyp und Form. Ist Huhn vegan? Nein. Aber Wurst ist eine Form. Es gibt auch Teigwurst, also sind vegane Würste völlig legitim.
Zweitens sehe ich das mit den Benennung von Ersatzprodukten genauso. Weiter ist es ja oft das Gewürz, welches charakteristisch ist. Gerade bei Huhn habe ich schon viele "chicken style" Bezeichnungen für vegane alternativen, die mit Hähnchen Gewürz gewürzt sind. Und die Gewürze sind ja auch (meist, looking at you Milchpulver) vegan.
Ich finde es gut wenn ich wenigstens klar erkennen kann für welches Produkt etwas eine Alternative ist, damit ich beim auswählen von Rezeptzutaten entsprechend die vegane Variante wählen kann, ohne mich dafür erstmal durchs Internet zu wühlen. Wie es am Ende des Tages heißt ist mir dabei ziemlich „Wurst“, wenn dadurch diese unnötigen Diskussionen ein Ende nehmen.
In dem Fall hätte ich dem Kollege mal den Artikel zu den Yum Yum Nudeln gezeigt.
Ich habe mittlerweile die Linguistik meiner Kolleg:innenübernommen, die einfach alle Fleischimitate die ich esse als "Veggiescheisse" betiteln. Zum Beispiel:"ey Mustermann wir wollen grillen. Sollen wir dir Veggiescheisse mitbringen oder hast du noch?"
Das ist so eine Diskussion auf die man sich gar nicht einlassen sollte. Da geht's nur ums Provozieren. Jeder von denen würde z.B. dieses gelbe quietschende Spielzeug auch als "Gummihuhn" bezeichnen. Und das ist offensichtlich nur eines von hunderten Beispielen.
Hm ja.. veganes Huhn gibt‘s nicht. Ich nenne das Zeug mittlerweile einfach Erbsen-Fleisch, Weizen-Fleisch, Soja-Fleisch, oder was auch immer die Basis ist. Ist irgendwie akkurater.
Vegane Wurst gibt’s aber! Ist ja nur die Form, nicht das Fleisch.
Ich find, man muss Trennen zwischen dem Inhalt und den Zutaten, und dem generellen Effekt später. Bin mir unsicher wie man das besser ausdrücken will.
Zum Beispiel Wurst. Wurst ist für mich so erstmal ein Formfaktor und etwas, was man in 2-3 Formen zubereiten kann. Die kann man stramm anbraten, oder auf den Grill werfen. Und es gibt dann verschiedene Rezepte für Würste - Wild-Wurst ist was anderes als Rostbratwurst, ist was anderes als Wurst aus Erbsen oder Weizenprotein. Ich finds aber nicht falsch, das alles als "Wurst" zu bezeichnen, weil man es ähnlich behandelt und zubereitet.
Genauso find ich es komplett legitim zu sagen dass irgendein geformter Gemüsebrei ein "vegetarisches Hähnchen" für die Bratnudeln ist, oder dass etwas "vegetarische (Chicken)nuggets" sind. Es ist irgendwie nicht wirklich richtig, aber es ist auch nicht falsch genug um sich dagegen aufzuregen. Und wenn jemand feststellt dass Veggie-Nuggets mit genug Sauce genauso wie Chicken-Nuggets schmecken und genauso wenig Aufwand kosten... Will man den dann aufhalten?
Schon richtig. Andererseits ists echt Schwachsinn, jede Textur und jeden Geschmack zu emulieren zu versuchen, dabei einen riesen Aufwand zu betreiben und dann zu failen, weil das echt abschreckend wirkt. Dazu kommt, dass man das selbst in der heimischen Küche ohne Chemie nicht hinbekommen kann.
Hab letztens Tofu eingelegt, paniert und frittiert, und den der Familie als das "verkauft", was es ist. Is prima angekommen.
Generell sollten nach meiner Meinung alternative Rezeptkombinationen mehr Stellenwert bekommen, gerne auch zusammen mit den von dir erwähnten " Ersatz"produkten, wenn sie gut gemacht sind.
Klar, ich bin bei hätte/könnte/sollte dabei. Fakt ist aber, dass die meisten Jungveganer*innen immer noch aus einer fleischzentristischen Gesellschaft kommen und dementsprechend sich erst einmal an Ersatzprodukten orientieren.
Und dass alternative Rezeptkombinationen keinen höheren Stellenwert hätten, halte ich für Quatsch. Gefühlt (!) 90 % der Rezepte auf Onlineblogs verzichten auf Ersatzprodukte (außer sie sind gesponsort). Ist ja auch historisch bedingt, bis 2020 war der Markt für solche Projekte kaum da: Seit drei Jahren gibt es gefühlt alles, außer Löffelbiskuits. 2015 waren das Highlight Wilmersburger Scheiben — ekelhaft — und so 'No-Name Tofuscheiben. Die alternativen Rezeptkombinationen hatten deutlich mehr Platz.
Da bin ich komplett bei dir. Nur wird jemand, der willig ist, ne vegane Alternative auszuprobieren, und das erstbeste vegane Schnitzel isst, und das dann total scheisse (plus nicht nach "Schnitzel") schmeckt, beim nächsten Mal noch viel schwerer zu überzeugen sein, das zu probieren.
Für mich ist echt schwer, leckere "Ersatzprodukte" zu finden, die auch wirklich ersatz schmecken. Und mir die nach dem Ausprobieren fürs nächste Mal zu merken.
Das wird an meiner Bubble liegen. Genauso wie die Geschichte mit den alternativen Rezepten. Ich bin einige Zeit stark auf der Suche, auch in Blogs, gewesen. Vieles von dem, was ich dort nebenbei lesen musste, hat mich echt abgeschreckt. Ich will nicht indoktriniert oder "bekehrt" werden, mir ist vollkommen klar, dass vegan auf lange Zeit eigentlich alternativlos ist. Gib mir Rezepte in ansprechender Form, ohne mich ständig drauf aufmerksam zu machen, wie scheisse meine bisherige Ernährung war. Dann probier ich die aus und führe das Verkaufsgespräch mit meiner Familie.
Aber wir schweifen ab. Grundsätzlich bin ich für Ersatzproduktbezeichnungsübernahmen.
Ich fände es besser (und auch weitaus gesünder) es gäbe erst gar keine Ersatzprodukte. Es gibt soooo viele natürliche Gerichte ohne Fleisch, dass sich ein überzeugter Vegetarier/ Veganer verdammt nochmal mit dem Thema auseinader setzen darf.
Nein, Kevin, die vegane Bratwurst wächst nicht am Strauch und enthält zudem viel mehr Kohlenhydrate und Zucker als das Original. Du willst dich bewusster ernähren? Dazu gehört halt auch, dass du nicht nur diesen Planeten beschützt sondern auch deinen Körper.
Edith: Ich schwief ab. Um die Eingangsfrage zu beantworten: Damit hätte sich das Problem von alleine gelöst.
Es gibt viele verschiedene Gründe, sich vegan zu ernähren, und es wird mehr als genug Leute geben, denen die 100% gesunde Ernährung viel weniger wichtig ist als das Leid der "verwursteten" Tiere zu beenden. Ich zum Beispiel bin mir völlig im klaren darüber, dass meine Ersatzwurst doofe Zusatzstoffe hat. Ich esse sie trotzdem gerne, weil's mir halt schmeckt. Die Menge macht das Gift. Und ob das jetzt schlimmer für den Körper ist, als das "Original" zu essen mit Kaliumnitrat und was weiß ich, ist ja auch noch die Frage.
Ist es in den meisten Fällen aber. Schau mal wie viel Salz und gesättigte Fettsäuren (Fettsäuren, die nachweislich die Insulinresistenz erhöhen) da drin stecken. Hier werden doch ständig solche Beispiele gepostet.
Es gibt soooo viele natürliche Gerichte ohne Fleisch, dass sich ein überzeugter Vegetarier/ Veganer verdammt nochmal mit dem Thema auseinader setzen darf.
Ich persönlich find's gut, wenn auch nicht überzeugte Vegetarier/Veganer, die sich ideologisch noch nie mit der Thematik auseinandergesetzt haben und das auch nie in ihrem Leben tun werden dann trotzdem "vegetarische Chicken Nuggets" mitessen, weil die ja genauso schmecken und es für sie keinen Unterschied macht.
Hat immer noch einen Netto-Nutzen, von daher seh ich das ganze komplett utilitarisch.
Eine gute Zusammenfassung meines Kommentars aber noch lange kein Gegenargument.
Bewusst ernähren bedeutet nicht zwangsläufig, dass man sich selbst gesünder ernähren will.
Auf Teufel komm raus die Umwelt / das Tierwohl zu retten, sich selbst aber zu vernachlässigen ist echt verdammt dumm.
Ich vertrete den Standpunkt, dass Omnis mit solchen "Diskussionen" nur vom eigenen Fehlverhalten ablenken wollen und lasse mich daher nicht auf solchen Quatsch ein.