Eigentlich ein Armutszeugnis. Ich arbeite selbst im Gesundheitssystem und muss sagen, dass sich in diesem Land niemand mit dem Tod beschäftigt. Es werden täglich Menschen Therapien unterzogen, die wirklich keinerlei Aussicht auf eine substanzielle Besserung haben, es wird ein Status quo verwaltet. Der Tod scheint ein Tabu Thema.
Schlimmer noch, es wird im Grunde bewusst das Leid der Betroffenen in Kauf genommen damit man selbst sich moralisch überlegen fühlen kann und sich mit den schwierigen Fragen und Abwägungen des Themas nicht näher auseinander setzen muss.
Es gibt tatsächlich Gerichtsurteile, die diese Haltung noch bestätigen. Das einzige was zählt ist ein schlagendes Herz. Aussicht auf Besserung oder Leiden hat keinen Stellenwert.
Wie viele schwer demente und bettlägerige Patienten werden per Sonde ernährt. Sie sind gesetzlich betreut, von einem Berufsbetreuer ohne Angehörige und jede Maßnahme wird abgenickt. Sie sind dem System quasi wehrlos ausgeliefert.
Ich habe das vor kurzem im Bekanntenkreis miterlebt: Die krebskranke Person hat sich ein Bett nach Hause bringen lassen und hat sich zum Sterben hingelegt. Sie musste tagelang bewusst nix trinken um zu verdursten und die Verwandschaft hatte noch die ehrenvolle Aufgabe regelmäßig zu schauen, ob sie zufällig gestorben ist. Das war für alle Beteiligten anstrengend und ein absolut unnötiges Leid. Sie hatte schmerzen, war klar im Kopf und wollte nicht mehr. Wieso kann man das nicht respektieren? Wieso muss man auf solche nicht humane Varianten zurückgreifen, wenn es auch ohne Leid gehen könnte? Mindestens mal in solchen Fällen ohne Hoffnung auf Besserung sollte es legal möglich sein.
Die Hinterbliebenen werden auch allein gelassen. Ist immer eine Perspektivansicht. Gerade bei Menschen mit den psychischen Problemen, sollte die Politik was dafür tun, dass es noch bessere Akkutsprechstunden gibt um einen Psychologen zu konsultieren. Wenn ich an meinen Bruder denke, der wird nach jedem Erstgespräch abgelehnt und sucht dann weiter. Kein Wunder, dass man Suizidgefährdeten schlecht helfen kann.
Also, als jemand der jahrelang psychische Probleme hatt(e) und eigentlich immer relativ zeitgerecht Zugang zu Therapeuten und Fachärzten war meine Erfahrung auch nicht so toll. Die meisten Leute vom Fach sind erstmal richtig überfordert, wenn man sterben will weil man das Leben generell scheiße findet. Kann sein dass einem Tabletten und Psychogelaber helfen. Bei mir war es nutzlos, weil Grund für die Depression waren eine Kombination aus miesen Lebensumständen und genereller Pessimismus. Mein Leben ist jetzt besser, aber ich sehe Existenz im Allgemeinen noch immer nicht als etwas positives an. Laut Psychiatrie ist das vermutlich krank.