Fragt mich alles: Ich habe Haustürgespräche für die LINKE gemacht.
Fragt mich alles: Ich habe Haustürgespräche für die LINKE gemacht.
Zwei volle Tage ohne Vorerfahrung in einer Großstadt in NRW. Ein Vorort und ein Brennpunkt mitten in der Stadt.
Fragt mich alles: Ich habe Haustürgespräche für die LINKE gemacht.
Zwei volle Tage ohne Vorerfahrung in einer Großstadt in NRW. Ein Vorort und ein Brennpunkt mitten in der Stadt.
War deine Stimme danach im Arsch?
Nein, gar nicht. Man redet ja nicht laut und auch nicht die ganze Zeit am Stück.
Ohne das hier kapern zu wollen, eher als Ergänzung, falls sich noch mehr Fragen ergeben:
Ich war mal Landtagskandidat, Kreisvorstandssprecher (entspricht einem "Kreisvorsitzenden") und Sprecher mehrerer Landesarbeitskreise bei dem Laden und hab mich auch (erfolglos) um ein Bundestagsmandat beworben. (Kann das ggf. den Mods auch nachweisen)
Bin mittlerweile aber aufgrund der Haltung zur Ukraine und dem damaligen Plüsch-Umgang mit den Wagenknechten ausgetreten. Heute bin ich Karteileiche bei einer anderen Partei.
An OP: Respekt erstmal! Haustür ist so ungefähr das krasseste Format,dass überhaupt möglich ist. War bei uns wegen Covid damals kaum möglich, war ich aber, spätestens als ich mal aus Versehen bei ner Nazi-WG (Dritter Weg Sticker an der Tür fiel mir erst nachher auf) geklingelt hab auch gar nicht so unrecht.
Aud der anderen Seite kann es, wenn es richtig gemacht ist, unfassbar effektiv sein. Ich kenne tatsächlich (von ner anderen Partei) jemanden, der quasi nur deshalb seinen MdL Sitz hat - gerade weil man eben mit Leuten ins Gespräch kommt,mit denen man sonst nicht ins Gespräch kommt.
Meine Highlights damals:
Leute, egal für welche demokratische Partei ihr euch erwärmen könnt: Werdet aktiv. Erstens ist es wahnsinnig wertvoll für einen selbst, man lernt wirklich schnell neue Leute, aber auch neue Dinge. Gerade bei den kleinen Parteien geht es aber auch wahnsinnig "flach" zu. Zwischen "kleines Mitglied" und "hat mit Politikgrößen wie Gregor Gysi oder Bodo Ramelow telefoniert und ist mit div. MdB befreundet" lagen bei mir knapp ein Jahr.
Und es muss uns allen klar sein: Egal ob ihr Lila-Rot, Rot oder Grün seit: Niemals seit 1945 war Engagement gerade wichtiger.
Interessant, vielen Dank! Ich habe seit meinem Parteieintritt Anfang des Jahre dieses Zitat von Rebecca Solnit im Kopf:
«Wenn alle, die um den Ernst der Lage wissen, sich stärker engagieren würden, dann hätten wir alle, die wir brauchen. Wir müssen unsere Freunde mobilisieren, nicht unsere Gegner bekehren.»
Das deckt sich ja mit deiner Aussage. Mit diesem Ansatz bin ich auch in die Haustürgespräche gegangen.
Meinen Respekt für deinen Einsatz. Würdest du es wieder tun? Falls ja: Was daran macht es für dich sinnvoll?
Wie gut sind die Menschen über Parteien und im speziellen die Linkspartei informiert?
Wenn jemand euch ablehnt, woran lag das? Fehlinformiert? Fehlendes Vertrauen? Gut informiert aber gegen das, wofür die Linke steht?
Danke. Es war körperlich und emotional anstrengend aber ich würde es wieder machen. Mit Menschen, die man nicht kennt in persona über ihre Lebenssituation und politische Überzeugungen zu reden ist eine Ausnahmesituation, die mir gefällt. Zwischendurch gab es immer wieder Begegnungen, die mir auch Tage später noch Freude und Kraft geben. Ganz persönlich für mich ist es auch ein krasses Kommunikationstraining, du wirst ja mit jedem Gespräch besser und souveräner.
Ich habe kaum politische Diskussionen gehabt. Die AfD war an häufigsten Thema, über andere Parteien wurde kaum geredet. Auch zur Linkspartei direkt wurde wenig gesagt. Die Menschen haben eher über ihre Lebensumstände gesprochen und ich habe zugehört und versucht, die Positionen uns Verbesserungsvorschläge der Linken zu den angesprochenen Themen aufzuzeigen.
Ich war überrascht, dass viele Menschen mit Migrationshintergrund den Wahlbescheid bekommen hatten, aber gar nicht genau wussten, was sie damit tun sollten.
Ablehnung war häufig: "Ihr seid für Migration, wir haben aber schon zu viele im Land." Bis auf ganz wenige Ausnahmen kam keine weiter Kritik an unseren Positionen.
Danke dir. :)
Hab' keine Fragen, danke für deinen Dienst 🫡
Ich habe vor vielen, langen Jahren Street-Campaigning für einen Volksentscheid gemacht. Am interessantesten fand' ich eigentlich die Erfahrung, die du schon in einem Kommentar beschrieben hast, dass die Stimmung im echten Gespräch nicht die Stimmung aus der online Kommentarspalte ist.
Wobei der Ton in der Kommentarspalte seit damals sehr viel rauer ist, würde mich mal interessieren, ob sich das auch in die offline Welt übertragen hat.
Und dass ich seitdem auch die bloße Existenz von diesen Online Kommentarspalten irgendwie genau deshalb doof finde, aber auch keine Idee habe, wie man das schlauer machen kann.
Die absolute Mehrheit der Menschen war freundlich, da hat sich wohl nichts verändert. Allerdings ist Migration als Problem ein großes Thema, da haben die Parteien in Zusammenarbeit mit den Medien und dem Kommentarspalten sehr viel Stacheldraht durch die Köpfe gezogen. Diesen reflexartigen Tritt nach unten gegen noch Schwächere müssen wir dringend umkehren, den Fokus zurück auf die Herrschenden lenken. Da helfen nur offene Gespräche und Aufklärung, meiner Meinung nach.
Spannend! Vor allem der von dir beschriebene Gedanke, mehr mit- statt über einander zu reden, die persönliche Herausforderung und die Dringlichkeit.
Und das wichtigste: Was sind meine nächsten Schritte als parteilose Person, um mich dir anzuschließen?
Edit (weil mir immer mehr Fragen einfallen 😅)
Wie liefs?
Ganz gut eigentlich
Offene Ablehnung zu spüren bekommen?
Ja klar. Von "Kein Interesse!" bis "Näh, ich wähle AfD!" Türknall Abschließgeräusch. Meist war es aber höfliche Ablehnung und sehr harmlos, würde ich sagen. Beleidigt worden bin ich nie.
Meiner Meinung nach helfen weitere Abgrenzungen und Beschimpfungen innerhalb unserer Blasen nicht mehr, wir müssen dringend wieder in echt miteinander reden statt digital übereinander.
Tja. Als bürgerlicher der linker Politik nicht grundsätzlich abgeneigt ist, finde ich so viele Sachen in der Kommunikation der Linken und erst recht des Tonfalls in der Bubble arg befremdlich. Jemanden an der Haustür zu haben könnte da vielleicht helfen, auch hier auf Feddit stosse ich da arg oft auf Granit.
Viele erzählen von den arbeitsfaulen Ausländern, denen ja “alles in den Arsch geschoben wird”. Überraschend fand ich, dass auch viele Menschen mit migrantischem Hintergrund über andere Migranten lästern. Ich hatte teilweise das Gefühl, dass alle gegen alle sind.
Was ja auch wirtschaftlich motiviert klingt alá "der kriegt was, was für mich / tatsächlich Hilfsbedürftige dann fehlt" und nicht unmittelbar rassistisch, oder gabs da andere Spitzen?
Wohnungen gehabt wo gleich gesagt hast "die lassen wir aus. Aus Gründen"?
Im Brennpunkt gab es teilweise drei, vier große Mehrfamilienhäuser hintereinander, bei denen kein einziger kartoffeldeutscher Nachname auf dem Klingelschild stand. Als dann die ersten deutschen Nachnamen dazu kamen stellte sich raus, dass viele von denen AfD wählen und nicht besonders zugänglich waren. Es gab ein gepflegtes Haus mit ausschließlich deutschen Namen auf den Schildern. Direkt an der ersten Tür war eine Frau um die 50, die recht scharf meinte, dass sie nicht mit uns reden will und auch der Rest der Bewohnis nicht gesprächsbereit sein werden: "Bitte gehen sie jetzt" "Aber wir würden gerne noch mit ihren Nachbarn reden" "Nein, das wollen sie nicht, bitte verlassen sie jetzt das Haus!" Wir sind dann gegangen und hatten eine Zeit lang ein schlechtes Gefühl, bei deutschen Nachnamen zu klingeln, weil die uns im Schnitt unfreundlicher gegenüber getreten sind als die migrantischen Familien.
Es gab aber auch immer wieder Ausnahmen:
Eine Frau um die 60 die uns eh schon wählt und sich richtig gefreut hat, mal ein bisschen zu quatschen. Ein jugendliches Mädchen, die noch nicht wählen darf, mit ihrer Mutter vor kurzem gegen den Rechtsruck demonstrierten war und von den netten Leute vom türkischen Verein an der Ecke erzählt hat. Ich könnte so viele Anekdoten schreiben.
Wie offen waren die Menschen, mit denen du gesprochen hast für ein ernsthaftes politisches Gespräch?
Das Internet gibt einem ja doch gerne mal das Gefühl, dass große Teile unserer Gesellschaft aktuell echt nicht (mehr) in der Lage oder nicht gewillt sind eine politische Diskussion zu führen.
Das waren meistens keine politischen Diskussionen sondern einfache Gespräche über die Lebenssituation der Menschen. Die kann man mit einem funktionierenden linken Kompass gut machen, ohne dass man Kommunalpolitik oder das Parteiprogramm auswendig kennt. Klar gab es auch Ablehnung, aber viele Menschen waren interessiert und meist auch noch freundlich, wenn sie keine Zeit oder Interesse hatten. Nach den zwei Tagen würde ich behaupten, dass die Stimmung in der Bevölkerung viel weniger aggressiv oder feindlich ist, als es die sozialen Medien oder Nachrichten vermuten lassen.
Edit: So jedes zehnte Gespräch war eins, das ich als ernsthaft gut bezeichnen würde. Dabei müssen wir nicht einer Meinung gewesen sein. Ich hatte auch eine handvoll gute Diskussionen mit AfD-Sympathisanten. Eine alleinerziehende Mutter, ein eigentlich recht sympathischer Rentner.
Wie viele der Gesprächspartner wollten dich verprügeln?
Niemand auch nur ansatzweise. Ich hatte natürlich latent Angst vor dieser Situation, ich glaube rückblickend aber, dass so was nicht passieren wird. Jemandem der freundlich klingelt aufs Maul zu hauen wäre sehr dumm und auch rechtlich kaum legitimierbar.
Naja, sehr viele rechte Straftaten sind sehr dumm und rechtlich kaum legitimierbar. Außer man kennt den Richter vom letzten NSfD Parteitag.
warst du allein unterwegs oder mehrere?
Wir waren eine große Gruppe im Viertel, weiter aufgeteilt in Duos pro Straßenzug, meist Mann und Frau. Nach einiger Zeit und zunehmender Sicherheit von uns haben wir solo aber in Hörweite die Türen beklingelt. Das hat nochmal für "intimere" Gespräche gesorgt, als wenn man zu zweit vor einer Tür steht.
War das "HuFeIsEn!1!" ein Thema?
Nein. Ich habe keine wirklich anspruchsvollen oder herausfordernden Gespräche geführt, das hat mich auch überrascht.
Schön, dass dir das erspart blieb!
Ich finde es einfach immer wieder erstaunlich: Es wird immer noch nach über 30 Jahren irgendwie SED herbeifabuliert. Dass Konservative den Rechtsaußen in den Arsch kriechen (und auch ihre Geschichte haben) spielt da eine untergeordnete Rolle.
Gab es Menschen die dich auf die SED Vergangenheit von (Teilen) der Linken angesprochen haben? Oder sind die "Mauermörder-Manfreds" nur online?
Wenn ja, gab es Menschen die unironisch positiv/ostalgisch diesbezüglich waren?
Ich tippe zumindest bei letzterem auf ein relativ klares nein, in den ehemaligen Ländern der DDR wäre das spannender ._.
Nein, das war überhaupt kein Thema
Welche drei Dinge müssten geändert werden, um den Menschen, mit denen du geredet hast, maximal zu helfen? Was würdest du persönlich, ohne ihre Meinung zu berücksichtigen, anders machen?
Such dir drei Punkte aus! Ich entscheide mich für:
Wenn ich mir persönlich etwas wünschen dürfte, dann würde ich die allermeisten Nachrichten und Social Media VERBIETEN™. Es wurde ja schon viel dazu geforscht und ich habe es hier auch schon öfter kommentiert:
Wir torpedieren unsere Gehirne mit negativen Informationen und Anekdoten, die keinen Mehrwert haben und unsere Sicht auf die Realität verzerren. Aber sie generieren Geld durch Werbeklicks. Die Welt um uns herum war noch nie so sicher, trotzdem sind die Menschen misstrauischer, ängstlicher und labiler als je zuvor. Geht raus, trefft Menschen und unternehmt etwas schönes, aktivierendes. Das ist das Gegengift!
Woher kommt die Überzeugung, dass der Mietendeckel das Wohnungsproblem löst? Es werden doch weniger Investoren bereit sein, Wohungen zu bauen. D.h. der Wohnungsmangel wird weiter bestehen, aber nicht im Preis sichtbar sein. Ausserdem wird niemand freiwillig umziehen, da ein günstiger Mietvertrag zum Vermögensgegenstand wird, so dass die Wirtschaft Probleme bekommt, Stellen zu besetzen. Wäre es nicht sinnvoller, den staatlichen Wohungsbau massiv auszuweiten und das Angebot so weit zu erhöhen, bis die Preise von alleine fallen?