Die Taube wirkte sehr selbstsicher und lief den Zug in beide Richtungen ab, um nach Nahrung zu suchen. Sie ist dann auch nach zwei Stationen in der nächsten Stadt ausgestiegen. Sah ein bisschen aus wie bei den Leuten, die mal eben eine Station mitfahren, um nach Pfandflaschen zu suchen. Ich glaube, ich hatte es mit einem Profi zu tun.
Aber nur in dem Gebiet, in dem sie trainiert haben, oder? Wenn ich eine Taube aus München klaue und nach Hamburg bringe, wird sie wohl nicht heim finden.
Als Modelltier für die Erforschung des Heimfindeverhaltens dienen heute häufig Brieftauben,[9] da diese seit langem gezüchtet werden, um sie bei Flugwettbewerben einzusetzen. Bei solchen Wettbewerben werden die Tauben mit einem Speziallastwagen zu einem bis zu tausend Kilometer vom Heimatort entfernten „Auflassplatz“ transportiert, von wo aus sie ihren Heimflug antreten. Da alle verirrten, also nicht zum heimatlichen Taubenschlag zurückfindenden Tiere zwangsläufig als künftige Zuchttiere ausfallen, besteht bei Brieftauben durch diesen Selektionsfaktor seit jeher ein hoher Selektionsdruck in Richtung Heimfindeverhalten.[10]