Mir fehlt im Artikel das Wort "Gewalt". Die alternativen Jugendlichen, die in den 90ern von den Nazis vermöbelt wurden, sind mittlerweile in ihren 40ern und weggezogen, wohnen dann in Hamburg, Freiburg, Berlin. Wer kann und anders denkt, verpisst sich bei der ersten Gelegenheit aus entsprechenden Nazi-Nestern, um freier leben zu können. Dieses "sich aus allem raushalten" ist v.a. eine Angst vor Gewalt. Weil man sich halt sonst nicht mehr auf dem Dorffest blicken lassen kann, wenn man als Links oder Schwul bekannt ist und einem dann Nazis Böller in die Wohnung werfen. Zivilgesellschaft kann nicht funktionieren, wenn die Akteure der Zivilgesellschaft massiv bedroht werden, die Polizei nichts macht bzw. dann antifaschistische Selbsthilfe massiv kriminalisiert
"Wenn eine Mehrheit der Gesellschaft sich aus allem heraushalten möchte, entsteht ein politisches Vakuum, in dem sich Rechtsextreme ausbreiten können."
Und das konnte man die letzten 36 Jahre lang ja auch beobachten. Immer wenn es mal um das evidente Problem mit Rechtsextremisten in Ostdeutschland ging war eine der ersten Reaktionen: "Ja, aber im Westen ist es genau so schlimm" oder irgendwas mit Treuhand. Immer war es mehr so: "Wir haben kein Problem und wenn wir eines haben, dann sind die anderen schuld".
Wenn die Gesellschaft nicht mitzieht, weil die saubere Fassade wichtiger ist als das Problem oder weil man das Problem bewusst ignoriert, dann haben engagierte Demokraten, die es natürlich auch gibt, keine Chance.
Joa, ich lebe im Osten. Mehrere Dinge können gleichzeitig stimmen.
Der "Westen" ist nicht viel besser - es ist ein Gesamtgesellschaftliches Problem zum Lösen
Nazis sind scheiße
Viele Afd-Funktionäre im "Osten" kommen aus dem "Westen"
Deutschland wurde nie richtig entnazifiziert nach dem 2. WK - (zu) viele NSDAP Mitglieder sind in FDP, CDU/CSU und SPD übergegangen
Die Treuhand war scheiße
Putin ist Scheiße
AfD ist Scheiße
Und ich wage zu behaupten, den meisten Menschen ist das hier durchaus bewusst. Man sollte halt gucken, warum haben wir einen wirtschaftlich schwächeren Teil von Deutschland und wie päppelt man den wieder auf. Die AfD hilft da defintiv nicht, aber sie verkaufen sich halt so.
Wir sind jetzt an dem Punkt angekommen an dem es eine relvante Gefahr gibt das ganze ostdeutsche Bundesländer an eine radikale Partei fallen bzw. nicht unerhebliche Teile der Bevölkerung radikale Ansichten teilen. Klar, ein erfolgreiches AfD Verbotsverfahren wäre - zumindest juristisch - eine Lösung, aber das dauert und irgendwie habe ich die Befürchtung das die Durchsetzung eines erfolgreichen Verbotes zumindest in einigen ostdeutschen Regionen nicht mehr unbedingt garantiert wäre...
Ehrlich gesagt robbe ich mich täglich mehr an die Meinung, dass letztlich ein Bundesland mal an diese Typen fallen muss, bevor bei der Bevölkerung der Groschen fällt..
Das wäre lediglich ein weiteres "Klick" auf der Ratsche in den Faschismus. Ich glaube wenn dieser Punkt erreicht ist, ist das ganze wieder soweit normalisiert und legitimiert, dass der Groschen immer noch nicht fällt und möglicherweise niemals fallen wird.
Der Groschen fällt aus meiner Sicht schon seit Jahren. Nur schlägt er nicht auf, weil da ein bodenloses Loch an Passivität ist, oder schlimmer weil die AfD zwar oberflächlich abgelehnt wird, man aber eigentlich ihre rassistischen und menschenverachtenden Positionen zunehmend teilt und dann "guten" Gewissens CDU/CSU, FDP oder SPD wählt.