In ungewöhnlicher Form kritisiert die EZB die Wirtschaft, die Teuerung künstlich anzutreiben. Was für Verbraucher ärgerlich ist, wird für die Währungshüter zum Problem: Gegen Profitgier können sie nämlich nichts ausrichten. Von Klaus-Rainer Jackisch.
Kann mir das Jemand erklären, wie das in einer kompetitiven Wirtschaftsform ohne Preisabsprachen und entsprechende Kartelle der Fall sein kann? Wie kann ich mir das vorstellen?
Also ich würde mir das so erklären, dass der Markt in seiner Idealform in der Realität einfach nicht existiert.
Der Konsument ist nicht komplett rational und wechselt sofort weg von gewohnten Produkt, es gibt gewisse lock-in Effekte die einen schnellen Wechsel verhindern (bei allen Parteien), die Kräfte sind nicht immer ausgeglichen auf beiden Seiten und auch ohne direkte Absprachen kann es zu gemeinsamen Preisänderungen kommen.
Ich kann mir generell z.b. zwei unterschiedliche Szenarien vorstellen wie es zu den erhöhten Preisen kommt:
Entweder die Preise wurden erst mit gutem Grund erhöht und jetzt bei wieder gesunkenen Kosten nicht wieder gesenkt. Da sehe ich dann vor allem einen gewissen Trägheitseffekt am Werk. Nach dem Motto warum den Preis senken solange es keine Notwendigkeit gibt (das sieht man finde ich oft gut bei Handyverträgen).
Oder das hohe Inflationsniveau wurde dazu genutzt Preissteigerungen verdeckt und ohne Notwendigkeit durchzuführen. Hier bleibt dann eventuell der psychologische Effekt beim Konsumenten aus die Preiserhöhung "abzustrafen" weil er im Zuge genereller Inflation nicht wissen kann ob die Ursache gier oder Notwendigkeit ist.
Generell gibt es wenn ein Konkurrent die Preise erhöht für Unternehmen wahrscheinlich zwei Optionen. Entweder man erhöht sie selbst (eventuell etwas weniger) und freut sich über einfachen Gewinn oder man versucht im Preiskampf mehr Marktanteil zu gewinnen (was unter anderem Investitionen benötigt und sicher auch riskant ist). Scheint mir als ob in vielen Bereichen ersteres gewählt wurde und es so relativ einfach zu gemeinsamen Preisänderungen kommen kann ohne direkte Absprachen.
Eine andere Frage wäre denke ich auch noch ob man sagt, dass der Markt hier langfristig versagt. Oder ob man eher diese Übergangszeit in der leistungslose zusätzliche Gewinne abgeschöpft werden bekämpfen will. Ich denke es geht eher um letzteres.
Erstmal Dankeschön für den Erklärungsansatz. Ich versuche da nochmal an einzelnen Stellen nachzuhaken.
Entweder die Preise wurden erst mit gutem Grund erhöht und jetzt bei wieder gesunkenen Kosten nicht wieder gesenkt. Da sehe ich dann vor allem einen gewissen Trägheitseffekt am Werk.
Wir haben allerdings kein Angebotsmonopol im Lebensmitteleinzelhandel. Es gibt Konkurrenz, klein und groß, regional und bundesweit, verschiedene Konzepte wie Discounter, Vollsortimenter, Wochenmärkte, etc. Wer nicht rechtzeitig senkt, kann Kunden verlieren. Ohne Absprachen wird das schwierig. Natürlich konzentriert sich der Markt stark auf ein paar wenige Konzerngruppen.
Oder das hohe Inflationsniveau wurde dazu genutzt Preissteigerungen verdeckt und ohne Notwendigkeit durchzuführen.
Hier ist es doch dieselbe Situation, oder? Wer unnötigerweise senkt, riskiert Kunden an die Konkurrenz zu verlieren.
Eine andere Frage wäre denke ich auch noch ob man sagt, dass der Markt hier langfristig versagt. Oder ob man eher diese Übergangszeit in der leistungslose zusätzliche Gewinne abgeschöpft werden bekämpfen will. Ich denke es geht eher um letzteres.
Ist das nicht auch politisch gewollt, dass es in einem sehr bedeutsamen Markt wie hier, wenige Mitbewerber gibt, damit die Regierenden sich mit nur wenig Instanzen austauschen müssen? Ich kann mich gut daran erinnern, dass die Bundeskanzlerin Merkel immer gerne die Konzernführungen ins Kanzleramt einlud und das recht medienwirksam begleitet wurde. Vielleicht gibt es ein Interesse, dass dieser Markt nicht zu sehr zersplittert.
Und das Konzept der Gier gab es früher nicht?
Ich finde diese Einstellung ehrlich gesagt nicht gut. Hat sie grundlegend kein Verständnis von Preisbildung?
Firmenkommunikation zu dem Thema ist ja eh nur Corporate-BS.
Andererseits stört mich die Konsolidierung der Wirtschaft. Da bin ich dann vielleicht doch bei ihr. Ständig kauft eine Firma eine andere, es werden eher weniger. Seltenst werden Geschäftsbereiche abgespalten. Start-ups sind ein Gegengewicht, aber es reicht nicht unbedingt aus.